Grüne Chemie
- Egon Höller
- 13. Jan.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Jan.
Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Perspektiven

Grüne Chemie – was ist darunter zu verstehen?
Der Begriff ist in aller Munde, doch was sagt er konkret aus? Grüne Chemie beschreibt die Art und Weise, wie die Entwicklung und Anwendung umweltfreundlicher sowie nachhaltiger Prozesse und Produkte gefördert werden. Ziel ist es, die Umweltverschmutzung zu reduzieren und Ressourcen verantwortungsvoll zu nutzen.
In einer Gesellschaft, die zunehmend auf Nachhaltigkeit setzt, spielt die Grüne Chemie eine zentrale Rolle, um Umweltaspekte, wirtschaftliche Effizienz und Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden. Demnach bildet sie die Grundlage für eine nachhaltigere Wirtschaft und trägt wesentlich dazu bei, ökologische, soziale und ökonomische Herausforderungen zu bewältigen. Neben ihren ökologischen Vorteilen spielt sie auch auf wirtschaftlicher Ebene eine entscheidende Rolle, insbesondere im Kontext der ESG-Kriterien (Umwelt / Soziales / Unternehmensführung).
Die Prinzipien
Die Grüne Chemie basiert auf zwölf zentralen Prinzipien, die als Leitfaden zur Entwicklung umweltfreundlicher und nachhaltiger chemischer Prozesse sowie Produkte dienen – sie bilden die Grundlage für nachhaltige Innovationen. Formuliert wurden sie von Paul Anastas und John C. Warner.
Abfall vorbeugen
Anstelle einer nachträglichen Entsorgung sollen Abfälle direkt vermieden werden.
Atomökonomie
Sie gibt an, welcher Anteil der eingesetzten Ausgangsstoffe (Reaktanten) in die jeweiligen Produkte einer chemischen Reaktion überführt wird. Idealerweise sollten die Ausgangsstoffe größtenteils in die gewünschten Endprodukte übergehen, wobei nur geringe Mengen unerwünschter Nebenprodukte entstehen.
Gefahren von Chemikalien eindämmen
Die Entwicklung von Substanzen, die für Menschen und die Umwelt möglichst ungiftig sind.Sichere ChemikalienChemische Produkte sollen unter der Voraussetzung ihre Funktion erfüllen, dass Menschen und die Umwelt nicht geschädigt werden.
Sichere Lösungsmittel und Hilfsstoffe
Der bewusste Verzicht auf gefährliche Lösungsmittel führt dazu, dass umweltfreundliche Alternativen eingesetzt werden.
Energieeffizienz
Um den Energieverbrauch zu reduzieren, werden die Prozesse bei möglichst niedrigen Temperaturen durchgeführt.
Erneuerbare Rohstoffe
Anstelle von fossilen Ressourcen wie Erdöl oder Erdgas wird empfohlen, nachwachsende Rohstoffe zu verwenden.
Vermeidung von Derivaten
Chemische Zwischenschritte wie Derivate sollen vermieden werden, um Energie und Ressourcen einzusparen. (Derivate sind chemische Verbindungen, die durch Abwandlung oder chemische Veränderungen des Ausgangsstoffes gebildet werden.)
Katalyse anstelle von Stöchiometrie
Katalysatoren kommen zur Steigerung der Effizienz von chemischen Reaktionen und der Verringerung von Abfall zum Einsatz. Die Stöchiometrie beschäftigt sich mit den Mengenverhältnissen der an chemischen Reaktionen beteiligten Stoffe. Sie beschreibt, wie viele Ausgangsstoffe (Reaktanten) benötigt werden, um eine bestimmte Menge an Produkten zu erzeugen.
Abbau von Chemikalien
Chemische Produkte sollen so entwickelt werden, dass sie sich nach ihrem Einsatz biologisch abbauen und keine Rückstände in der Umwelt hinterlassen.
Echtzeit-Analyse zur Vermeidung von Verschmutzung
Eine ständige Überwachung der chemischen Prozesse trägt dazu bei, Verschmutzungen frühzeitig zu erkennen und so verhindern zu können.
Vermeidung von UnfällenChemische Verfahren und Substanzen sollten so sicher wie möglich gestaltet werden, damit Unfälle, wie Explosionen oder Brände, verhindert werden können.
Wirtschaftliche Bedeutung
Auch auf wirtschaftlicher Ebene bietet die Grüne Chemie zahlreiche Vorteile. Unternehmen, die auf nachhaltige Prozesse und Produkte setzen, können ihre Kosten senken, indem sie den Energie- und Ressourcenverbrauch deutlich minimieren. Effizientere Produktionsabläufe führen zu weniger Abfall und verringern die Entsorgungskosten.
Zudem stärkt die Erfüllung von ESG-Kriterien das Unternehmensimage und verbessert die Wettbewerbsfähigkeit. Da sowohl Verbraucher als auch Investoren zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit legen, können sich Unternehmen, die Grüne Chemie in ihre Prozesse integriert haben, als Vorreiter positionieren. Weltweit fördern Regierungen und Organisationen diese Entwicklung durch steuerliche Anreize, Subventionen und regulatorische Vorgaben, die den Übergang zu nachhaltigen Prozessen erleichtern sollen.
Was passiert, wenn ein Unternehmen auf Grüne Chemie setzt?
Setzt ein Unternehmen auf Grüne Chemie, so verändern sich wesentliche Prozesse entlang der Wertschöpfungskette. Ein Beispiel ist die Produktion von Farben und Lacken: Anstelle von Produkten, die Lösungsmittel enthalten und flüchtige organische Verbindungen (VOCs) freisetzen, kommen wasserbasierte oder pulverförmige Alternativen zur Anwendung. Diese verbrauchen weniger Energie in der Herstellung, was besonders im Rahmen von ESG-Kriterien eine wichtige Rolle spielt. Ferner verringern sie gesundheitliche Risiken für die Mitarbeiter und lassen sich leichter recyceln.
Die Grüne Chemie kann als Schlüssel zur Erfüllung von ESG-Kriterien angesehen werden. Im Zuge des wachsenden Fokus auf Klimaschutz und Ressourcenschonung wird sie zu einem unverzichtbaren Bestandteil der globalen Wirtschaft.
Green Chemistry: Theory and Practice Taschenbuch Englisch Ausgabe von Paul Anastas und John C. Warner Oxford University Press, 2000